„Wenn ich von den Verhältnissen sagt, daß sie mir zu schaffen machen, so meine ich innerlich. Nach außen hin, rein beruflich und geschäftlich, werde ich mit ihnen fertig. Innerlich werde ich niemals etwas gemein haben können mit diesen Menschen, ihrer wahnwitzigen Hast, Geld zu verdienen, ihrer Gleichgültigkeit gegenüber seelischen und künstlerischen Dingen.“
Ehm Welk war nun schon zwei Wochen auf seiner Reise. Und so langsam machte sich die von ihm beschriebene Ernüchterung breit. In einem selbstkritischen Brief vom 21. September 1923 beschreibt er seine Sehnsucht nach seiner Liebe Agathe Lindner: „Groß ist die Sehnsucht nach meinem armen Vaterland und nach Dir, groß die Sehnsucht nach Träumen und geordneter Arbeit. Größer aber der Zug in die Weite … Was will ich jetzt in Deutschland? [...]“ Ehm Welk schwankte innerlich. Und er kritisierte „die Kluft zwischen Ideal und Realität. Was ist Amerika? Ein Land mit Vorbildcharakter, ein Land fortschrittlicher Zivilisation? Aber wo ist die menschenfreundlichere Moral? Welk sucht Antworten.“
Er findet ein Amerika, wie es der amerikanische Schriftsteller Walt Whitman 1867 beschrieb. Das ungeeignet ist, „dem Kranken, Rohen, Abergläubischen in Politik und Gesellschaft“ wirkungsvoll zu begegneten. Ein Land, das einzig und alleine auf das „Big Business“ ausgerichtet zu sein scheint. Die Dichtungen des Walt Whitman berührten Ehm Welk und begleiteten ihn ein Leben lang. Denn es geht nicht um das Land Amerika. Es geht, wie später bei Welk, um die Verbundenheit mit dem Volk und die Verbrüderung der Menschheit. „Mir gingen damals seine Verse durch Kopf und Herz. Auch wenn sie mir das Rätsel Amerika noch mehr verrätselten, als die Entwicklung es schon tat.“
„[...] spöttisch-zornig nimmt Welk mit seinem auch Geschichte einbegreifendem Gedicht „So stehen wir da. U.S.A.!““ nicht von Whitman, wohl aber von Amerika Abschied: gewollt rhetorisch und provokatorisch, pointiert und effektvoll. […] - zweifellos – eine Whitman-Reverenz.“:
„[...] So stehen wir da, / U.S.A, / eine Welt für sich: / Wirklichkeit schaffendes Mittagland, / jenseits der Wunder / der toten Wunder / des Morgen- und Abendlandes. / Irgendwo hinter dem großen Jam liegt Europa, / vielleicht auf dem Mond oder Mars - / I don`t care!“
In einem Exemplar seines Buches „Der Nachtmann“, schreibt Ehm Welk 1950 der Schriftstellerin Karla König folgende Widmung: „Wäre Goethe 1749 in Amerika geboren worden, hätte die Welt 1949 kein Goethe-Jahr zu feiern gehabt, Gruß an Thomas Mann.“
Rückblickend auf seine Zeit in Amerika schreibt Ehm Welk: „Seit ich Manhattan so gesehen habe, halte ich den Nebel für eine der kostbarsten Erfindungen Gottes. Und als ich New York kennengelernt hatte von der Verlogenheit seiner gotischen Geschäfts-Kathedralen bis zu der Ehrlichkeit seiner Schmutzhütten auf der East-Side und wieder mich näherte von außen… bannte mich immer wieder diese unerhörte Zeichnung in Goldgrau, aber jedesmal mehr anerkannte ich auch die Weisheit Gottes, der zu den Menschen den Nebel schuf.“