Elaine-Sturtevant-im-Gleichschritt-mit-Joseph-Beuys-als-Dillinger-Running-Series-2000
Elaine-Sturtevant-im-Gleichschritt-mit-Joseph-Beuys-als-Dillinger-Running-Series-2000

 

Der Kunstkritiker Lawrence Alloway kuratierte im Guggenheim Museum in New York 1964 die Ausstellung „American Drawings“. Gezeigt wurden Werke von Künstlern wie Jackson Pollock, Jasper Johns, Roy Lichtenstein, Claes Oldenburg, Lee Krasner, Cy Twombly oder Ellsworth Kelly. Mit ihnen allen sollte sich die Künstlerin Elaine Sturtevant in den darauffolgenden Jahren beschäftigen.

 

„Sturtevant legte in ihren Mitte der 1960er Jahre entstandenen Arbeiten den Focus auf jene Künstler, die dazu beigetragen hatten, dass sich New York während der Nachkriegszeit zum Zentrum des internationalen Kunstbetriebs entwickeln konnte.“ Robert Rauschenberg, mit dem Sturtevant befreundet war, erhielt 1964 den „Großen Preis für Malerei“ auf der Biennale in Venedig. Die amerikanische Pop-Art und Konzeptkunst war zu dieser Zeit sehr populär. Wie sie selbst war auch ein Großteil dieser (vornehmlich männlichen) Künstler an der Art Students League of New York, was auch ein Impuls zu ihrer jahrelangen zeichnerischen und performativen Auseinandersetzung mit ihnen gewesen sein könnte.

Begriffe wie Sampling, Remix oder Cover waren zu dieser Zeit zwar bekannt, und auch William S. Burroughs experimentierte zusammen mit Brion Gysing 1959 mit der sogenannten Cut-up-Methode (im literarischen Sinne). Aber Sturtevant ging noch weiter. Sie eignete sich den jeweiligen Stil eines Künstlers so weit an, dass dieser Stil vom Original nicht mehr zu unterscheiden war.

Nur einmal, und zwar von Andy Warhol, bekam sie die Originalsiebdruckvorlagen zu seiner Serie „Flowers“, um den Umweg des handwerklichen Aneignens seines Stils zu vermeiden. Sturtevant fügte alles neu zusammen. Sie mixte Tom Wesselmanns „Great American Nude“ mit Jasper Johns „Flag“, und Jasper ab 1875 Johns „0 Throug 9“ mit James Rosenquists „Spaghetti“ und Elementen aus Arbeiten Öyvind Fahlströms.

 

Dabei ahmte sie den jeweiligen Stil des Künstlers so perfekt nach, dass man meinen könnte, es wären Meisterkopien, oder sogar das Original. „Manche fühlten sich verfolgt – wie Claes Oldenburg. Warhol immerhin hatte genügend Witz, um seiner Repetitorin zur Arbeitserleichterung die Druckvorlagen zu überlassen […]. Wohl bedarf es schon noch einmal einer Neufassung der Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts, um den Rang des Werks vollends zu erkennen. Womöglich ist Sturtevant für die zweite Hälfte des Jahrhunderts gewesen, was Duchamp für die erste war.“